Veranstaltung: | Wahlprogramm 2021 |
---|---|
Antragsteller*in: | Regionsverband Hannover (dort beschlossen am: 19.05.2021) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 21.05.2021, 09:53 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Klimaschutz - Modifizierte Übernahme Regionsvorstand
Text
Energie- und Wärmewende – flächendeckend und dezentral
Unser Ziel ist die klimaneutrale Region Hannover bis spätestens 2035. Wir wollen
das 1,5 Grad-
Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen. Deshalb muss das Tempo bei der
CO2-Reduzierung deutlich steigen, wie auch das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 zeigt. In der Region Hannover stellen
wir die politischen Weichen auf deutliche CO2-Reduzierung. Dazu brauchen wir
eine unterstützende Bundesgesetzgebung. Für eine CO2-Reduzierung gewinnen wir
Strom aus Erneuerbaren Energien und setzen eine Wärmewende für die gesamte
Region um. Die höchsten CO2-Emissionen entstehen in der Industrie. In den
privaten Haushalten entstehen die höchsten CO2-Emissionen bei der Erzeugung von
Wärme für Heizung und Warmwasser. Die Energie- und Wärmewende wollen wir
dezentral herbeiführen. Das Wärmekataster der Region bietet die Grundlage für
die Planung dezentraler Wärmeerzeugung. Die Instrumente zur klimaneutralen
Wärmegewinnung sind Wärmepumpen, Geothermie, Nutzung der überschüssigen Wärme
aus Industrieanlagen oder das Pyrolyseverfahren1. Die Nutzung klimaneutraler
Blockheizkraftwerke ersetzt das Heizen mit Gas oder Öl.
Für die Wärmeerzeugung bietet die Solarenergie ein großes Potenzial in der
Region. Viele Flächen auf den Dächern und an Gebäuden stehen dafür zur
Verfügung. Die Nutzung der Windenergie ist in der Region Hannover bereits stark
verbreitet. Auch wenn das Regionale Raumordnungsprogramm weitere Flächen
ausweist, reichen sie nicht aus, um klimaneutral bis 2035 zu werden. Daher
setzen wir uns für ein einfaches Repowering von Windanlagen auf Landes-und
Bundesebene ein. Ein zentrales, jährlich durchgeführtes Energie-Controlling soll
den aktuellen Stand der CO2-Emissionen ausweisen. Damit können wir die Energie-
Effizienz von Maßnahmen überprüfen und gegebenenfalls verändern. Moorschutz
stellt ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur CO2-Reduktion dar.
Dafür setzen wir GRÜNE uns ein:
- konsequente Ausschöpfung aller Fördermittel für den Klimaschutz auf EU-,
Bundes- und Landesebene um die größtmögliche Effizienz für eine CO2-
Reduzierung zu erreichen
einen Plan für eine dezentrale Wärmeversorgung in der ganzen Region
entwickeln.
den Umstieg auf erneuerbare Energien im Strom- und Wärmebereich konsequent
umsetzen.
die Klimaschutzagentur dauerhaft fördern.
den Gebäudebestand in der ganzen Region klimaneutral energetisch sanieren
und mit PV-Anlagen ausstatten. Die Region entwickelt ein Konzept zur
Umsetzung, unter Einbezug der Klimaschutzagentur, und bildet einen Fonds
zur Unterstützung der Maßnahme.
die Region baut eigene Gebäude als Wertstoffspeicher mit überwiegend
gebrauchten, recycelten oder nachwachsenden Materialien, sowie
ausschließlich recycel fähig.
- Sanierung grundsätzlich vor Abriss von Gebäuden der Region.
Freiflächenphotovoltaik auf infrastrukturell vorbelasteten Flächen, wie
entlang an Autobahnen, an Straßen, über Parkraum, KFZ-Stellflächen und an
Schienen, installieren. Fördermaßnahmen für Balkonkraftwerke (Solarstrom
für Mieter).
- die Windenergie in der Region Hannover insbesondere durch Repowering von
Windenergieanlagen ausbauen.
- Förderung der Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie in der Region
Hannover.
Klimafolgenanpassungsstrategien umsetzen: Bau von Dämmen,
Wassermanagement, Windschneisen, Wasser- und Schattenspender u.a..
Pyrolyse ist die Verschwelung organischer Materialien. Dabei entstehen zwei
Produkte: Wärme und Kohle. Mit der Verbrennung der Schwelgase können zwei
Drittel der Energie gewonnen werden, die bei Verbrennung des Ausgangsmaterials
gewonnen werden könnten. Das andere Drittel bleibt in der Kohle. Diese kann die
Nährstoff- und Wasserspeicherfähigkeit des Bodens verbessern.
Hintergrund: Ein Baum bindet zu Lebzeiten Kohlendioxid aus der Luft und wächst.
Verrottet der Baum, gibt er dieses CO2 auch wieder in die Atmosphäre ab. - Ein
klimaneutraler Kreislauf. Als es noch keine Pilze gab konnte der Baum hingegen
nicht verrotten und wurde zu Kohle. – Ein CO2-negativer Prozess, auf dessen
Grundlage die für uns lebenswerte Welt entstand.
Pyrolyse sehen wir als ein klimapositives Verfahren, welches eine Alternative
zur Verbrennung bietet.
Kommentare
Karsten Bettin:
Viel zu wenig Potenzial, um das erforderliche Ziel zu erreichen und teilweise nicht umsetzbar. Es fehlt ein ambitionierter grüner Ansatz.
Ich bin Maschinenbauingenieur mit Schwerpunkt Energie- und Verfahrenstechnik und habe 16 Jahre lang bei den Stadtwerken nachhaltige Projekte begleitet, initiiert und als Projektleiter umgesetzt.
Bevor so ein Programm aufgestellt wird, sollte mal gerechnet werden. Und bitte nicht auf alles hören, was von vorgeblichen Experten als Vorschläge kommt. Die rechnen im Zweifel auch nicht genau, bevor eine Idee in den Raum gestellt wird.
Wir haben jetzt keine Zeit für Experimente. Das was jetzt umgesetzt werden soll, muss auch den entsprechenden Effekt erzielen. Es nützt keinem etwas, wenn es nur politisch gut aussieht.
Führen wir uns vor Augen: Klimaneutral bis 2035 heißt: Keine Kohle, kein Gas. Und das bedeutet: Es muss eine Wahnsinnsmenge an Energiebedarf nachhaltig ersetzt oder vermieden werden.
Meine kurzen Kommentare:
Zur Wärme:
Wärmepumpen sind sicher ein wichtiger Weg, bedeutet aber mehr Strombedarf. Der muss regenerativ erzeugt werden. Und zwar viel davon.
In der verdichteten Struktur der Stadt Hannover, wo ja die meiste Wärmeenergie verbraucht wird, sind Wärmepumpen schwerer umsetzbar.
In jedem Fall setzen Wärmepumpen zuvorderst eine Sanierung/Dämmung des gesamten Altgebäudebestandes voraus, damit die Wärmelasten und damit die Vorlauftemperaturen sinken und die Leitungen und Heizkörper in den Gebäuden für geringere Wärmelasten ausgelegt werden.
Geothermie funktioniert in der Region nicht, die Tiefenstruktur des Gesteins ist nicht ausreichend sicher voraussagbar. Gern mal bei der BGR nachfragen, ob die eine sichere Umsetzung garantieren. Das haben sie damals nicht getan und werden sie definitiv nicht tun. Das Potenzial ist auch extrem gering, um eine nennenswerte Wärmemenge zu bekommen.
Da wird viel Geld und Zeit verbrannt, bis man zu dem Ergebnis kommt, dass es nicht funktioniert.
Außerdem muss die dann irgendwo auf dem Land gewonnene Wärme in die Stadt transportiert werden mit großen und teuren Leitungen.
Pyrolyse und Blockheizkraftwerke auf Basis erneuerbarer Energie setzen zwingend Biomasse als Energiequelle voraus.
Wir haben aber nur ein sehr begrenztes Potenzial an Biomasse, die nachhaltig geerntet werden kann. Ich hatte das mal für das Versorgungsgebiet der Stadtwerke durchgerechnet.
Soviel Biomasse, wie da gebraucht wird, gibt es in 100 km Umkreis nicht.
Also auch nur sehr geringes Potenzial.
Nutzung von thermischen Solaranlagen: Grundsätzlich ja, aber zusätzlich muss eine Basisversorgung vorhanden sein.
Zum Strom:
Das große Problem der ausschließlichen Stromerzeugung aus Erneuerbaren ist die fehlende Basisversorgung. Regenerative Erzeugung bedeutet Energie gibt es nur dann, wenn der Wind weht und die Sonne scheint.
Es muss ein Weg gefunden werden, die Energie zwischenzuspeichern bzw. soviel Erzeugungskapazität aufzubauen, dass es für den Großteil der Basislast ausreicht.
Hohe Erzeugungskapazitäten führen dann zu hohen Überlasten, die zwischengespeichert werden müssen.
Fazit:
Klimaneutral heißt: Keine Hilfe mehr durch Kohle und Gas, die bisher die Hauptlast und Grundlast für die Wärme- und Stromversorgung darstellen.
Thema Wärme:
Die Vermeidung von Wärmebedarf ist dabei das allerwichtigste: Also komplette energetische Sanierung aller Gebäude. Und weil das sehr lange dauern wird, muss sofort mit viel Geld damit angefangen werden.
Die Region muss alles tun, damit die erforderlichen Bauprojekte in großer Zahl umgesetzt werden.
Alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur regenerativen Erzeugung von Wärme sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein und bringen keinesfalls den erforderlichen Effekt.
Der Hauptteil der Wärmeerzeugung muss zukünftig auf Basis von regenerativ erzeugtem Strom erfolgen. Das ist die einzige Chance. Und das heißt: Wärmepumpen und Strom-Speicherheizungen.
Strom-Speicherheizungen können dabei den Überlaststrom an windreichen Tagen aufnehmen. Und dafür müssen noch viel mehr Windenergieanlagen gebaut werden.
Deshalb Thema Strom:
Um klimaneutral zu werden, reicht ein einfaches Repowering der bestehenden Windkraftanlagen keinesfalls aus. Da alle regenerativ erzeugten Strom brauchen werden, muss soviel wie möglich in der REgion selbst erzeugt werden.
Es müssen viel viel mehr erneuerbare Energieanlagen gebaut werden, insbesondere Wind, aber auch Sonne.
Das ist ja alles bekannt und in Arbeit bei der SPD-geführten Region (Raumordnungsprogramm) und dem SPD-geführten Land.
Aber auch das reicht nicht. Wo sind da die grünen Ambitionen, die doch deutlich über das bereits gewollte hinaus gehen sollten?
Es geht doch um alles oder nichts. Deswegen müssen auch Wege gefunden werden, die Windkraft über das Repowering hinaus massiv auszubauen.
Und da muss die Region im Rahmen der Raumordnung mit allen verfügbaren Mitteln mithelfen und für Akzeptanz kämpfen und Ausbauprojekte wo es geht ermöglichen und unterstützen mit schnellen Genehmigungsverfahren usw.
Das muss unbedingt mit ins Programm aufgenommen werden.